Musik in den Medien

27. April 2008

1924 – 1945
Text Anfang Am 1. Oktober 1924 wurde der Rundfunk in Österreich offiziell. Die RAVAG, die Radio Verkehrs AG, wurde mit einem Konzert mit Musik von Richard Wagner vorgestellt. Bemerkenswert daran ist nicht die Wahl Wagnerscher Musik, sondern, daß es Musik war, die dieses, das Jahrhundert nachhaltig bestimmende Medium eingeleitet hatte.
Die Entwicklung des Mediums Radio reicht in das 19. Jahrhundert und ist mit Namen wie Bell (Telephon) Hughes (Mikrophon), Marconi, (Drahtloses senden) eng verbunden. Bei allen Versuchen der Technik etwas zu beweisen, war es immer Musik, die beispielhaft für die Möglichkeiten stand. Telephon Konzert in Wien, Konzert aus dem Schloss; Laeken in Belgien, Übertragung aus Arlington in Amerika, die in Paris auf dem Eiffelturm noch leise aber doch deutlich empfangen werden konnte. Keine andere Kunstform erfuhr durch das Medium Radio eine so tiefgreifende Veränderung der Rezeption wie die Musik.
Bis zur Einführung des Radios war Musik auf Konzerte beschränkt und so eine Kunst die im Augenblick erklang und ansonsten nur in Form von Noten oder Partituren oder, für den Einzelnen, als Bearbeitung zu vier Händen für das Klavier, „hörbar war“. Andererseits konnte und kann man jedes Konzert der Radiolosen Zeit mit einem Videoclip vergleichen, da die Optik des Konzerts in jedem Zuhörer , der immer auch Zuseher ist, unwillkürlich wirkt. Die Musik pur, ohne Bild, zu jeder Zeit, an jedem Ort, wo ein Radio verfügbar ist, war neu und wurde zu einem der Hauptimpulse für das Medium und vor allem für seinen rasante Verbreitung. Wohl waren die ersten Möglichkeiten der Tonaufnahme, Vorläufer der Schallplatte, gegeben, aber sie waren exklusiv und hatten daher in den Entstehungsjahren keine breite Wirkung haben können. Nachrichten aus der Welt, der Politik, der Wirtschaft waren zu diesem Zeitpunkt, im Bewusstsein der Bevölkerung vermeintlich durch die Printmedien gut abgedeckt. Die Welt hatte die Geschwindigkeit der Nachrichtenübermittlung noch nicht als wesentliche Möglichkeit erkannt , die Welt war noch kein Marshal McLuhan`sches Dorf.
Und trotzdem: das Radio, das in ganz Europa in diesem Zeitraum institutionalisiert wurde – Holland 1919, England (BBC) 1922, Frankreich 1922, Deutschland 1923, Schweiz 1923 – war das Medium, das eine Zeitenwende bewirkte und ein neue Einteilung dieses Jahrhunderts notwendig werden ließ: das Jahrhundert der Medien.
Die europäische Welt zerfiel. Der 1. Weltkrieg machte Änderungen im sozialen, gesellschaftlichen Denken bewußt, die ihre Wirksamkeit in diesem Jahrhundert erst haben sollten: die soziale Ordnung des 19. Jahrhunderts zerbrach, das Bürgertum verlor seine vorrangige Bedeutung, es entstanden zunehmende soziale, kulturelle Teilöffentlichkeiten, die eine neue Vielschichtigkeit des Miteinander ergaben, die zu diesem Zeitpunkt neu, wenn auch noch nicht in aller Bewusstsein waren. Nicht Bürgertum oder Arbeiter, nicht E oder U, nicht oben oder unten waren die Alternativen, sondern das Zusammenwirken vieler Kräfte zu einem Ganzen. Diese Änderungen hatten aber gerade das neuen Medium als wesentlichsten Vermittler.
Scheinbare Zufälligkeiten einiger Ereignisse des Jahres 1924 zeichnen ein Bild der Veränderungen.
Österreich: die Kronenwährung wird durch den Schilling ersetzt, 200.000 Staatsbeamte werden abgebaut, auf den Politiker Ignaz Seipel wird ein Attentat, als ein Zeichen innerer politischer Zerrissenheit, verübt. International: Lenin stirbt, Hitler sitzt in Festungshaft, Churchill wird Minister, Schönberg präsentiert seine Kompositionsweise mit 12 aufeinander bezogenen Tönen und Max Reinhardt übernimmt die Salzburger Festspiele. Scheinbar zufällige Daten von Ereignissen, deren Folgen dieses Jahrhundert bestimmen sollten. Wie sehr das Radio und die in ihm transportierte Musik, die von Anfang an immer auch ein Vehikel einer anderen, unkünsterlischen, politischen, gesellschaftlichen oder später ganz einfach einer wirtschaftlichen Botschaft war, für die Ideologien eingesetzt wurde, war schon anfangs der Diskussion spürbar. Die erste Sorge des Staates war die Kontrolle über die Sendungen. Das Monopol wurde grundgelegt. Man diskutierte die Plombierung von Radioempfängern um zu verhindern, dass; der Hörer sich Informationen von anderer als von offizieller Seite verschaffen kann. Natürlich hatte eine solche Maßnahme in erster Linie politische Motive, die aber in gleicher Weise, vor allem nach 45 auch wirtschaftlich umgesetzt wurden.
Am ersten Oktober 1924 erwartete man, dass in kurzer Zeit rund 45.000 Hörer würde erreichen können. Am 24. Jänner 1930 konnte man das erste Konzert aus Amerika hören, im November 1930 gab es die erste Wahlberichterstattung, 1932 die erste Schulfunksendung, und schon 1931 die ersten UKW Versuche. 1933 hatte man in Österreich 500.000 Hörer.
Alle Voraussetzungen für die Wirkmechanismen des Rundfunks waren gegeben. Goebbels, der Propagandaminister des Nationalsozialismus, war einer der entscheidenden Medienmanager, der die Möglichkeiten des Mediums erkannte und perfekt für die Ziele der Ideologie des Nationalsozialismus einsetzte. Als ein Beispiel sei genannt: 1933 spielte man im Deutschen Rundfunk mehr Klassik, das ist Mozart Strauss, Wagner, da die Ideologie des Nationalsozialismus bei den AB Schichten nicht oder zu wenig eingedrungen war. Die Musik dieser Schichte war aus geschichtlicher Tradition die sogenannte E – Musik, also in etwa die Musik des 18/19. Jahrhunderts. Wollte man diese Schichten erreichen musste man ihre Musik anbieten. Ein Gesetz der Programmacher, das heute noch für alle Radios gilt.
Dieser Prozess der Beeinflussung definierter Gesellschaftsschichten dauerte bis 1939. Ab diesem Zeitpunkt setzte man auf Unterhaltungsmusik. E – Musik wurde wie schon im 19. Jahrhundert zum ornamentalen Beiwerk der herrschenden Klasse. Die Bayreuther Festspiele wurde ebenso politisch instrumentalisiert wie später die Salzburger. Die Unterhaltungsmusik in Ton und Bild, also Film, hatte die Aufgabe Ideologie an eine breite Volksmenge zu bringen und, im Verlaufe des Krieges, von der militärischen Realität abzulenken.
1938 wurde die RAVAG in den Großdeutschen Rundfunk eingegliedert und damit gleichgeschaltet. Dass Österreich dabei den sogenannten Volksempfänger in großer Stückzahl angeboten bekam um ausreichend medial versorgt zu sein, unterstreicht die politische Wirksamkeit des Mediums.
1945 – 1967
Der Neubeginn des Österreichischen Rundfunks passierte teilweise noch vor der offiziellen Kapitulation. Musik war bei den meisten neu beginnenden Sendern meist Mangelware.
Salzburg: 6.6. 45 österreichischer Sender Rot Weiß Rot, erste Takte aus „O du mein Österreich“ als Kennung.
Vorarlberg: 2.5.45, 21.30 Hier ist der Österreichische Rundfunk Radio Vorarlberg in Dornbirn, eine Schallplatte mit „Wiener Blut“
Tirol. 3.5., 17.00 Hier ist der österreichische Sender Innsbruck, eine Schallplatte: Marika Röck, „Ich brauche keine Millionen“.
Klagenfurt. 8.5., 19. 30 Hier spricht der freie Kärntner Landessender Klagenfurt. Anfangs standen keine Platten zur Verfügung, erst eine Bedienstete brachte aus ihren Privatbeständen die notwendige Musik.
Steiermark: 8.5. Aufruf an die Bevölkerung den Rundfunk mit Platten zu unterstützen. Als erste Platte Ziehrers „Hereinspaziert“, sinnigerweise als die Russen in Graz einmarschierten.
Oberösterreich. Mehrere Monate keine Rundfunksendung.
Nach diesen Anfangsschwierigkeiten hatte der Rundfunk grundsätzlich zwei Aufgaben zu erfüllen. Die Zusammengehörigkeit innerhalb von Österreich zu ermöglichen und zu unterstützen und in der Außenwirkung das Bild Österreichs als Musikland zu dokumentieren. Der Rundfunk ermöglichte die Vervielfachung des Bildes durch Übertragungen von Konzerten, vor allem der Salzburger Festspiele, die wiederum in ihren Programmen genau dort ansetzten wo der Nationalsozialismus aufgehört hatte: Mozart, und Strauss . Aus den Konzertsälen kam noch Bruckner und ähnliche hinzu. Das Bild, das in die Welt ging war das des Landes der großen Musiker, das nahezu ausschließlich historisch gesehen wurde. Dazu standen zwei Kanäle zur Verfügung: Österreich Regional und Österreich 1. Das Prinzip von E- und U, elitär und populär wurde in dieser Organisationsform tradiert, wobei man in dieser Phase durchaus zwischen einer lokalen E – Musik – das waren in erster Linie Komponisten, die noch nicht, zumindest nationalen, Ruf erreichen konnten und man sie daher in den Lokalprogrammen spielte, unterschied. Österreich regional hatte seinen E : Musikanteil, der im Verlaufe der weiteren Entwicklung des Rundfunks langsam zurückging. Alle systematischen Untersuchungen über den Geschmack des Publikums und seine Zuordnung nach Stilen der Musik waren noch nicht so ausgereift um sie als Instrument der Marktbeurteilung einsetzen zu können.
Der Rundfunk als politisches wirksames Medium war naturgemäß umkämpft und Gegenstand der Begehrlichkeit von Interessensgruppen, aber die Musik hatte mehrheitlich dem Wohlgefühl der Massen zu dienen und dabei die tradierte Gesellschaftsordnung, die im sozialen Bereich brüchig geworden war, widerzuspiegeln: Klassik für den Gebildeten, Volksmusik für das Volk, Schlager, als Spiegelbild eines Wirtschaftsaufschwunges, der naturgemäß nicht alle in vollem Umfang erreichen konnte, von dem man aber singen lassen konnte. Diese Einteilung in Klassisch und Nicht-klassisch war durch die tägliche Verfügbarkeit im Rundfunk Träger einer Haltung in Österreich nach 1945: das kulturelle und politische Selbstbewusstsein dieses aus dem Nationalsozialismus scheinbar wieder entlassenen Staates zu beleben. Die Salzburger Festspiele, die Wiener Philharmoniker, die Wiener Sängerknaben und die Musik Mozarts (auch der Nationalsozialismus bediente sich Mozartsscher Musik) wurden zu den Ikonen Österreichs und dem Selbstbildnis des Musiklandes Österreich. Ein Begriff, der in seiner Einseitigkeit am Ende dieses Jahrhunderts fragwürdig geworden ist wiewohl er nach dem Krieg half auf Österreich aufmerksam zu machen.
1967 – 1994
Die extrem starke Beziehungen von Politik, Machtblöcken und Interessensgruppen bewirkten 1964 das Rundfunkvolksbegehren, das durch die parteiunabhängige Presse initiiert wurde. Es erreichte 832.353 Unterschriften und 1967 entstand daraus der ORF, der vom bestellten Generalintendanten Gerd Bacher geprägt wurde: ORF Logo, Corporite Idendity, Ö3, ORF Symphonieorchester, Landestudios.
Bei der Musik hatte das entscheidende Auswirkungen:
Durch Ö 3 konnte bald darauf der Austropop (siehe Werner Jauk) entstehen, auf dem Gebiet der Neuen Musik war 1968 das Steirische Musikprotokoll bahnbrechend, Das Kulturbewusstsein im Bereich der Musik wurde auch durch das ORF Symphonieorchester und die ORF Bigband unterstrichen. In den Landesstudios, die als Normstudios (alle waren grundsätzlich in derselben Personalstruktur geplant) in allen Ländern aufgebaut wurden, besetzte man in einen U- Musikreferenten und einen Leiter „Ernste Musik“. Ein Luxus, der sich in der Folgeentwicklung als nicht haltbar erweisen sollte. Zu diesem Zeitpunkt war diese personelle Besetzung sowohl Ausdruck des föderalen Gedankens des ORF, als auch ein Hinweis auf die Bedeutung der Ernsten Musik für das Selbstverständnis Österreichs.
Das Programm Österreich 1 wurde von der Rundfunkreform bis ca. 1980 (die Jahreszahl muss ungenau bleiben, da der Umformungsprozess fließend war) im von den Landesstudios und ihren Musikabteilungen gestaltet. Da in diesen Programmen zum überwiegenden Anteil internationale Aufnahmen, durchaus auch von Platte gespielt wurde, war die Sinnhaftigkeit einer solchen Verteilung von Gestaltung nicht einsichtig, lässt man das föderale Argument außer Acht. Trotzdem war diese Struktur wesentlich für die Komponisten, da der Rundfunk sich als Produzent zeitgenössischer Musik verstand. Er übernahm im Musikland Österreich einen identitätsbildenen Faktor, der das Bild Österreichs als Musik- produzierendes Land dokumentierte. Im Bereich der U – Musik geht die Entwicklung mehr und mehr in Richtung Internationalität. Der Titel Rock me Amadeus von Falco, der in Amerika die Nummer 1 der Charts werden konnte, hatte mit Österreich bestenfalls den Namen „Amadeus“ gemein, alles andere war der Sound internationaler Rockmusik. Es kommt zur Weltsynchronisation. Weltgesellschaft durch Information. Massenmedien sind Proben der sich bildenden Weltgesellschaft. Es entsteht ein informatorischer Blutkreislauf: alles ist gleichzeitig für alle interessant. Die Religion unserer Zeit ist eine Art von Katastrophenkultur und Erfolg im Marketing von Waren bedeutet andererseits sie global gültig zu machen und sie damit gleichzeitig zu entindividualisieren. Lautsprecher sind das Symbol eines ideologisch bestimmenden Klangobjektes. Weltpopulärmusik ist der ähnliche und möglichst für alle versteh- und daher auch vermarktbare Sound rund um den Globus, als Instrument der Vergesellschaftung(Peter Sloterdijk) . In der Popularmusik ist dieser Zustand fast hundertprozentig, in der E – Musik ähnlich. Wenn allerdings Zentren der Neuen Musik in Europa (IRCAM, GRM, EMS) oder in Amerika eine Ästhetik vermitteln, die es schwer macht die Individualität eines Komponisten auszumachen, so ist der Trend derselbe. Also auch hier kommt es, zumindest in den eurozentrisch denkenden Ländern, zur Amalgamierung und Weltsprache Musik.
Der ORF steuerte mit seiner Kulturpolitik grundsätzlichen Widerstand. Als eine beispielhafte Zahl kann der Schallarchivbestand des Landesstudio ÖO genannt werden. Von 1963 – 1995 wurden nur in diesem Studio 1293 Eigenproduktionen gemacht. Das sind nahezu ausschließlich Produktionen, die den hier lebenden Komponisten, wie Balduin Sulzer, Fridolin Dallinger, Helmut Eder, Gunter Waldek uam, gewidmet waren. Es ist fraglich ob diese „lokalen Komponisten“ ohne den lokalen ORF dieselbe Chance auf Veröffentlichung ihres Werkes gehabt hätten. Diese Zahl ist allerdings nicht (9 Landesstudios) hochrechenbar, da die Produktionskapazität in den einzelnen Landesstudio unterschiedlich definiert war. Es ist an diese Zahl aber die Wichtigkeit der Musikabteilungen für die Neue Musik abzulesen.
Ein wesentlicher Faktor ist das 1969 neu gegründete ORF Symphonieorchester. Bis zu diesem Datum war Neueinspielung von aktueller Musik fast nicht möglich. Wohl gab es das große Orchester des Österreichischen Rundfunks, das sich aber nur im bescheidenen Maße der Neuen Musik annahm und in erster Linie den großen Unterhaltungsprogrammen zur Verfügung stand. 1958 Wurde das Ensemble die Reihe gegründet, das in Sachen Musikeinspielung ein wichtiger Faktor war und diese Rolle auch noch parallel ausübte. Das ORF Symphonieorchester schließlich stellte endlich die Möglichkeit dar, Kompositionsaufträge zu geben, lebende Musik zu produzieren und sie wieder dem Programm zuzuführen. Regionale Festivals konnten durch das ORF Symphonieorchester ihre Programme aktualisieren. Wohl waren in Vorarlberg Kärnten, Steiermark, Oberösterreich und von Fall zu Fall auch in den anderen Landesstudios Ensembles gegründet worden, die einen kleinen Teil der Produktionsarbeit übernehmen konnten, die Besetzung dieser Ensembles machte aber größere Aufgaben unmöglich. Darüber hinaus scheiterten diese Unternehmen letztlich meist an der Finanzierung.
War die Produktion von zeitgenössischer Musik fast ausschließlich im Aufgabenbereich des ORF, so war die Produktion von U – Musik ab etwa 1975 rückläufig. Das Anwachsen der Bedeutung der Plattenindustrie, der Wichtigkeit des Marktes für ein Produkt der Musik, die offen auftretende Kommerzialisierung machten die lokalen Produktionsstätten der Popularmusik nicht konkurrenzfähig.
Der Musikmarkt
Die zu Grunde liegende Studie hat Untersuchungsergebnisse zur Folge, die in ähnlicher Form allen Untersuchungen von Rundfunkanstalten über die Vorlieben des Publikums vorliegen. demnach hören rund 70% der Österreicher Musik im Radio. CD und Platten und Kassetten kommen mit 22% an zweiter Stelle.
Die Frage nach der beliebtesten Musik ergab das Ergebnis:
1. echte Volksmusik 2. Volkstümliche Musik 3. Volkstümlicher Schlager
4. Klassische Ernste Musik 5. Zeitgenössische Ernste Musik 6. Blasmusik
7. Chormusik 8. Deutschsprachiger Schlager 9. Fremdsprachiger Schlager
10. Jazz
Basis 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Total: 2000 305 255 245 146 19 59 29 290 56 51
% 15 13 12 7 1 3 1 15 3 3
oder in einer anderen Unterscheidung
1. Wiener Musik (Lied) 2 Opern 3. Operetten, 4. Austropop, 5. Internationale Popmusik 6. Rockmusik, 7. anderes 8. alles oder keine Angabe
Basis 1 2 3 4 5 6 7 8
TOTAL 2000 22 20 55 99 340 123 34 13
% 1 1 3 5 17 6 2 1
Die Passivität des Musikkonsums wird noch dadurch unterstrichen, daß nur 13% der Österreicher selbst musizieren. Der meistgehörte Sender ist Ö 2 mit ca. 40%, Ö3 folgt dicht dahinter und Ö 1 liegt bei etwa 5% , ist damit aber im europäischen Vergleich einer der meistgehörten Kultursender.
Die Passivität wird insoferne von den Medien noch unterstützt als der Ausstoß der Plattenindustrie in unüberschaubare Höhen gestiegen ist. Mit ein Grund für diese Entwicklung ist, dass jeder Musiker, der bei Konzertveranstaltern ins Geschäft kommen möchte, eine eigene CD, gleichsam als Visitenkarte braucht. Die Produktionskosten sind prinzipiell soweit gesunken, dass eine CD als Eigeninvestition in den Beruf denkbar ist. Abhängig ist da natürlich von der Besetzung und der Art der Musik. Am leichtesten haben es die volkstümlichen Musikanten, am schwersten Rockmusiker, sieht man von Dirigenten klassischer Musik, die einen anderen Weg gehen, ab. Die Höranforderungen des Käufers an Klangqualitiät und Aufnahmetechnik ist durch die digitale Technik und ihre vor allem finanzielle Verfügbarkeit so gestiegen, dass es sich vorallem Musikstile, die auch auf der Bühne mit einem großen Aufwand an Technik arbeiten um ihre Absichten umzusetzen, auch in der Produktion mit großem Aufwand arbeiten müssen. Trotz der Verfügbarkeit von Technologie, steigen die Kosten in Höhen, die ausschließlich von großen Konzernen gehalten werden können.
In einer Zeit in der das Bild dominiert, die Entwicklung geht auf hunderte von Fernsehprogrammen, ist es nur natürlich, dass die Entwicklung der „digitalen Visitenkarte- CD“ zum Video weitergeht. Die Unterschiede der Marktchancen sind enorm, bedenkt man, dass Videos der medialen Großkonzerne wie Warner brothers, Sony, Bertelsmann in den Herstellungskosten in 7 stelligen Dollarsummen gehen, die natürlich damit nur diesem Marktsegment vorbehalten bleiben. Hier bleibt, aus Kostengründen, einiges unbekannt.
Das Musikprogramm des ORF wird, um der Fülle an Angeboten zu entsprechen von einem Computerprogramm „Selektor“ gesteuert. Die Regeln nach denen dieses Programm abläuft werden nach dem Profil des jeweiligen Senders, der Marktanalyse, programmiert. Damit ergibt sich ein möglichst klar definierter Klang eines Senders. Ö3 ist Internationaler Pop, Ö2 ist deutscher Schlager und volkstümliche Musik, Ö1 ist klassische Musik bis zum Jazz und zur Neuen Musik.
Die Methoden der Hinterfragung, ob ein Musiktitel in den Klang des Senders passt und ob er vom Publikum akzeptiert wird sind so verfeinert worden, dass es möglich ist, ein bestimmtes Publikum genau anzuspielen. Zitat: „sage mir welches Publikum Du möchtest, und ich sage Dir die Musik, die dazu notwendig ist.“
Die Verfeinerung von Möglichkeiten den Musikgeschmack des Publikums zu definieren, die wirtschaftliche Erfordernis einen möglichst großem Markt zu erreichen machen im kommerziellen Bereich die Akzeptanz des Hörers zu einer bestimmten Musik zu einem vordergründigen Instrument. Die Quoten sind ein Betriebsmittel aller Rundfunkanstalten geworden, den nur eine entsprechende Zuhörer oder Seherquote garantiert das notwendige Werbeaufkommen. Der ORF, z.B. bezieht seine Einkommen aus etwa 45% Hörergebühren und 55% Werbeeinnahmen, die er sich gemäß den gesetzlichen Bestimmungen selbst auf dem freien Markt holen muss (Stand ungefähr und 1995)
Quoten, Markt und Musikwirtschaft sind die drei Eckpfeiler für so manche Entwicklung auf dem rein musikalischen Gebiet. (Dazu Christian Glanz und Werner Jauk). Aus Gründen der Vermarktung hat sie die Dauer eines Schlager z.B. von rund 2.30 Minuten in den 50ger und sechziger Jahren zu 3.30 Versionen in den neunziger Jahren ausgeweitet., Die AKM (Siehe Walter Pass) verrechnet die Musik nach Codes, die von der Größen der Zuhörerschaft abhängen und nach halben Minuten verrechnet werden. Dazu kommt heute in der Produktion die Karaoke, die Disco, die Instrumentale, die lange Radio und die kurze Radioversion. Auf diese Art wird ein Titel am besten wirtschaftlich ausgenützt.
Ein Sonderfall von Quotenmusik ist die volkstümliche Musik, die in Karl Moik einen international bekannten Repräsentanten hat. Moik, Linzer in Salzburg lebend, hat zum richtigen Moment eine latent vorhandene Musikkultur, vor allem des ländlichen Raumes und die Bildhaftigkeit der volkstümlichen Musik erkannt und sie in eine Fernsehserie umgesetzt. Formal ist der Musikantenstadl ein Buntes Programm, das tradierte Hör- und Sehgewohnheiten anspricht. Wie sehr gerade diese Musik des Bildes bedarf bzw. vom Bild besser vermittelt wird belegen die Jury Ergebnisse der Grand Prix der Volksmusik am 17.6.1995. In neun Bundesländern sitzt in den jeweiligen Landestudios eine vom Computer zusammengestellte Jury von 12 Personen. Diese hören am Nachmittag die Generalprobe und geben dabei schone eine Wertung aus Übungsgründen ab, die aber im Falle eines technischen Gebrechens auch Gültigkeit erlangen kann. Die Tonqualität ist eine bessere Telefonqualität, das Bild fehlt. Am Abend kommt ein einwandfreier Ton und vor allem das Bild hinzu.
Der Unterschied der Bewertung ist deutlich.
Jury Ergebnisse:
Juroren
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Uns g´Hört die Zeit, Alpenrebellen 1. Titel des Bewerbes: 6.Platz ohne Bild, 2. Platz mit Bild
o.B 7 7 8 6 5 5 6 6 4 6 6 5
mB, 10 6 9 8 7 7 10 8 6 7 7 7
Egal wohin, 2. Titel, 1. Platz ohne Bild 3. Platz mit Bild, auch, weil generell höher gewertet wurde
oB. 6 8 5 7 9 7 7 7 5 8 8 6
mB 8 8 7 10 9 10 8 5 3 9 7 7
Es ist so schön, dass es Dich gibt, 14. Titel, 3.Platz ohne Bild, 1. Platz mit Bild
oB. 9 5 5 8 9 9 8 5 3 7 8 6
mB 8 9 7 9 10 10 10 6 3 8 9 7
Die ersten sechs Juroren in der Reihenfolge waren Frauen, die zweiten 6 Männer. Alle Beteiligten haben laut Befragung keine Musikausbildung. Ein signifikanter Unterschied zwischen Frauen und Männern läßt sich aus diesen Ergebnissen nicht formulieren. Feststeht aber, dass Inhalte wie Partner Liebe, Landschaft, das vertraute Voraussetzungen für einen Erfolg sind. Unter allen Kriterien aber ist die Bühnenkleidung und damit die optische Erscheinung für jedwede Bewertung wesentlich. Ein Tatsache, die auch in der Politik gegeben ist. Bunt, im Dirndllook, der durchaus stilisiert sein kann wenn nicht muss, fantasievoll bis zum Kitsch. Zusätzliche bildwirksame Topoi: Kinder und Tiere.
Grundsätzlich reagiert jede Jury im Populären Musikbereich nach diesen Kriterien. Das Medium Fernsehen hat aber auch in den klassischen Wettbewerben für nahezu sportliche Verhältnisse gesorgt: Ein Solist, der nicht wirksam ins Bild zu setzen ist, wird kaum eine internationale Medienkarriere machen können.
Virtuoser, auffälliger, skurriler korreliert mit dem „schneller- höher – weiter“ im Sport.
ORF – Initiativen im Musikbereich
Neben der Dokumentation und Übertragung von Festspielen, wie den Salzburger Festspielen, den Bregenzer Festspielen, dem Internationalen Brucknerfest, den Wiener Festwochen un vielen anderen kleineren Festspielen setzt der ORF einige bedeutende Kulturinitiativen, die bei der Beurteilung des Musiklandes von ausschlaggebender Bedeutung sind:
Das Musikprotokoll des Steirischen Herbstes
Im Gründungsjahr 1968 schrieb Emil Breisach, Intendant des steirischen Studios : „Der Rundfunk, vielfach nur als Mittler und Verbreiter des aktuellen und kulturellen Geschehens angesehen, gewinnt in partiellen Bereichen zunehmend die Funktion eines Auftraggebers und Mäzens. ….In dieser allgemeinen Entwicklung ist den Studios in den österreichischen Bundesländern eine besondere Funktion zuzumessen. Sie haben die schöpferischen Kräfte der engeren Heimat zu aktivieren, dort, wo es am Schwersten ist, Pionierarbeit zu leisten.“
Das Musikprotokoll wird seit 1968 alljährlich durchgeführt und stellt in seiner Gesamtheit eine der wichtigsten Dokumentationen zeitgenössischen Musikschaffens in Europa dar. Wenn auch der Steirische Herbst in seiner Gesamtheit immer wieder den Widerspruch der konservativen Kritik hervorrief, bleibt die Tatsache bestehen, dass das Image Österreichs damit entscheidend dahin mitbeeinflusst wurde, daß das Musikland Österreich nicht ausschließlich aus wehmütigen Blick zurück besteht.
Ars Electronica und Prix Ars Electronica
Elektroakustische Musik war grundsätzlich in Österreich die Sache Weniger und die waren meist an den Hochschulen beschäftigt. Die Entwicklung dieser Studios in ihrem Inhalt ist immer identisch mit der Entwicklung der Technologie, die zur Klangsynthese vorhanden war. Band scheiden, Frequenzgeneratoren, Miditechnik Computer. Eine eigenen Ästhetik wurde auch hier, ähnlich den meisten Studios im Ausland nicht entwickelt. Computer- oder elektorakustische Musik war auch dem Rundfunk kein wirkliches Sendeanliegen, wobei die Gründe dafür auch in der Klangstruktur lagen: Computermusik ist als Bildlose Musik im Radio auch von Kenner nur schwer verfolgbar, da im zunehmenden Maße die räumliche Anordnung von Klang eine wesentliche Rolle spielt. Bei der Ars Electronica hatte und hat sie allerdings den Stellenwert der ältesten Computerkunst und ist so Teil dieser Veranstaltung des ORF und des Brucknerhauses in Linz.
1979 war die nächste bedeutenden Zäsur in gesellschaftspolitischer Hinsicht, wenn sie auch zum Zeitpunkt nur von wenigen erkannt wurde. Im Amerika wurde der Personalcomputer der Öffentlichkeit vorgestellt und damit eine Maschine, die die Gesellschaft in ähnlicher Weise verändern sollte wie etwa der Buchdruck rund 500 Jahre vorher. Auch in Linz war der Rundfunk und sein Landesstudio entscheidend an der Idee aus diesen Neuen Meiden ein Festival zu gründen, das anfangs Workshopcharakter hatte, sich aber zum Fixpunkt elektronischer Kunst entwickelte. Linz, als Industriestadt von Gnaden des Nationalsozialismus, hatte dringend einen Imagewechsel von der stinkenden Industriestadt hin zu einem kulturellen Anspruch notwendig. Verbunden mit einer jungen Universität, die sich innerster Linie auf wirtschaftliche Fächer stützte, einem vorhandenen Willen zur Kultur der Stadt in Form des Brucknerhauses, das 1974 eröffnet wurde, waren die Faktoren für ein Festival dieser Art gegeben. Das Medium Rundfunk ist hier in besonderer Weise Ideenbringer und Vermittler der Ideen. Die Linzer Klangwolke, die als Publikumsanziehungspunkt zur Ars Electronica initiiert worden war, wurde in den folgenden Jahren zum kulturellen Wahrzeichen von Linz, wenn sie auch vom Eröffnungsakt des Festivals zum Einleitungsschauspiel des Internationalen Brucknerfestes wurde. Bis zu einem gewissen Grad kann man sie auch als das Urmodell moderner klassischer Openair Veranstaltungen ansehen, wenn auch andere Länder mit wesentlich mehr Budgets für noch größere Spektakel gesorgt haben.
1987 kam als Idee des Landesstudios der Prix Ars Electronica hinzu. Der Prix ist der höchstdotierte Preis für Computerkünste in der Welt und wird von Sponsoren getragen. Die Bereiche sind Computeranimation, Grafik (bis 93), Interaktive Kunst (ab 92) Musik und die Web Kategorie ( ab 95). Der Anschluss an das World Wide Web, einer Spezialform des Internet, ist synonym mit dem Anschluss auch des ORF an die modernen Medien, wie sie gerade in Linz immer wieder gepflegt wurden. Im Forum Alpbach 1994 werden Begriffe wie moderne Medien, Virtualität, Internet, Cyber allgemein für Österreich und für den ORF erstmals in deutlicher Form in der Öffentlichkeit als wesentliche Gebiete für die Zukunft genannt.
Die Medien haben die Musik – und zwar jede Art davon – instrumentalisiert. Musik wird verwendet um Informationen zu transportieren, siehe die Geschichte des Rundfunks, um Emotionen zu wecken- nur mit Hilfe der Medien kann ich jene Art von musikalischer „Tapete“ schaffen, die mir im Moment wichtig ist. Der Begriff des Kunstwerkes in den Definitionen des 19. Jahrhunderts, wo Musik nicht zuletzt als Ornament einer sie bezahlenden Klasse, des Bürgertums, war, ist brüchig geworden. Der Paradigmenwechsel umfassend. Die Teilmusikkulturen werden in der kommenden Informationsgesellschaft einen wesentlich anderen Stellenwert bekommen, als sie jetzt aus noch aus der Tradition heraus verstanden werden.
1. Österreichisches Gallupinstitut, Archivnr. 7935, Februar 19932 Jury für den Grand Prix der Volksmusik, 17.6.1995, pro Landesstudio 12 Juroren, 3 Emil Breisach, Vorwort zum Katalog „Muikprotokoll, 1968“
Weiterführende Literatur:
1. Viktor Ergert, 50 Jahre Runf´dfunk in Östeerreich, Band I – IV, Residenz Verlag 19752.Almanch des ORF 1977, 1980, 1983, 1986/87, 1991/92, 19943. Blaukopf, Goslich, Scheib: 50 Jahre Musik im Hörfunk, Jugendund Volk, 19734. Kataloge der Ars Electronica , 1979 – 19955. Michael Kuncik, Die Manipulierte Meinung,Böhlau, 1990
Vortrag 1997

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