Von Kultur ist nicht die Rede

17. Dezember 2017

Jetzt haben wir also eine neue Regierung. Nicht jammern, wir haben sie mehrheitlich gewählt. Sie ist auf Grund vieler neuer Namen durchaus spannend – was erwartet Österreich?  Von Steuerminimierung, von Migrationsfragen, von einem Bekenntnis zur EU – hoffentlich – ist die Rede.

Von Kultur redet niemand.

Der neue Kanzleramtsminister, Gernot Blümel, ist – mir zumindest – unbekannt. Ich kann nicht beurteilen, ob ihm Kultur, und da  welche, ein Anliegen ist.

Wie sieht er das Verhältnis von Wien zu den anderen Bundesländern in der Frage der Subventionen (ca. 70% aller Gelder fließen nach Wien). Kommt ihm da auch nur der Begriff „Sparen“ in den Sinn, zumindest was die Bundesländer, die Provinz also, angeht.

Man darf gespannt sein.

Der Begriff der Kunst und damit auch der Kultur ist immer an die Regeln der Gesellschaft angepasst gewesen. Ich erinnere an das 19. Jahrhundert, in dem Kunst das Ornament der sie fördernden Klasse gewesen ist, die Fluxusbewegung in den 20er Jahren des 20. Jhts  die Kunst, vor allem im Hinblick auf das 19. Jht, zur überflüssigen Attitude erklärte.

Andy Warhol macht Kunst zur Ware, und heute ist Kunst wieder Zierde und Ornament  gesellschaftlicher Selbstdarstellung – man kauft ein angebliches Bild von Leonardo um 420 Millionen Euro.

So scheint es zumindest. Ist aber nicht so.

Der Begriff der Kunst ist ungleich komplexer.

Es wird sehr auf die Feinfühligkeit des Herrn im Amt ankommen, ob wir heimatbezogenen Gabalier oder ausschließlich bekannte und akzeptierte Klassik in Bild und Ton zum Leitbild erklären oder die vielen wichtigen Künstler, die zwar keine Hallen füllen, aber zum Image dieses Landes entscheidender beitragen als die Summe der  oben Genannten – Kultur als Agens des Tourismus, Klassik eine kleine Teilöffentlichkeit, Amerikanismus, nicht im Sinne Trumps, sondern im Sinne seligmachender Events, als  Quickies  sogenannter Kultur.

Jeder verkauft alles. Wenn es nur unterhält und mit Sicherheit menschlicher Verblödung Vorschub leistet.

Das Publikum ist emotional ansprechbar, kognitiv aber suboptimiert.

Das sollte nicht der Weg sein. Diese Linie ist aber spürbar und gefährlich. Die Marktwirtschaft, wie sie momentan gepredigt wird, betont marktwirtschaftliche Komponenten und vergisst dabei zunehmend  soziale Komponenten. Gegen diesen europaweiten Trend kommt einem die österreichische Sozialdemokratie, jetzt in der ungewohnten Oppositionsrolle, wie eine Partei auf der Suche nach  der eigenen Bedeutungslosigkeit vor.

Hier ist Handlungsbedarf ernsthaft gegeben.

Kulturpolitik ist immer auch Sozialpolitik.

Wenn in OÖ der LH ziemlich vereinfachend und eigentlich dumm verkündet, dass in der Kultur 10% eingespart werden müssen, bekommt er mit dieser falschen Ankündigung (95% des Budgets der LMS sind Personalkosten, nur z.B.) Protest – mit Recht.

Er geht – vielleicht will er das so – an der Tatsache vorbei, dass Kunst und Kultur die notwendigen  Medien  sind, dass Wirtschaft wachsen kann. Menschen arbeiten dort, wo es ihrer Familie an kultureller Struktur nicht mangelt, wo Schulen, Universitäten, Theater und Konzertsäle vorhanden sind und funktionieren.

Das soll nicht heißen, dass nicht eingespart werden kann und muss. Man sollte das aber besser kommunizieren. Nachdem Stelzer bei jeder Gelegenheit  den gemeinsamen Weg mit der neuen Bundesregierung betont, mache ich mir Sorgen, dass die Sprachlosigkeit gegenüber der Kultur ein Indiz sein könnte.

Österreicher sind zwar ein Volk von Suderanten, die, wenn sie genügend Dampf abgelassen haben, wieder in den täglichen Trott zurückfallen.

Weil´s e wurscht is!

Wir sollten uns aber empören und das im Anlassfall auch laut, wenn es notwendig ist Kunst und Kultur zu beschützen.

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