Klachlsuppe steirisch.
Wenn kreative Köche sich selbst überholen?
Es war ein Restaurant in Mitten der Weinberge rund um Gamlitz, ein paar Schritte vonSlowenien entfernt,das Wetter war herrlich, der Wein süffig, die Freundesrunde, wie Garfield, allen Geschmacksexperimenten offen.
Wirklich allen?
Ich bin Steirer von Geburt, spreche leidlich die Sprache des Landes, kenne die meisten Speisen und bin vor allem mit ursteirischem Essen aufgepäppelt worden- also Sterz in erster Linie, aber auch Klachlsuppe.
Zum Verständnis:
Klachlsuppe ist eine Spezialität der Südsteiermark und Kärntens. Sie wurde meist an Schlachttagen gekocht - Schweinshaxen in Wurzelgemüse in einer Suppe mit Einbrenn – zumindest im Original.
Es gibt drei Formen:
Die Schweinshaxe schwimmt in der Suppe, mehr oder weniger unzerlegt und bietet dem Esser alle Chancen, sein Hemd nachher wechseln zu dürfen. Ess-ästhetisch nicht zu empfehlen, nicht öffentlichkeitsfähig.
Die Schweinshaxe ist in Scheiben zerteilt – Achtung! vom Fleischer machen lassen, da sonst Verletzungsgefahr!
Kann schon mit Messer und Gabel und Löffel gegessen werden, was aber geziert wirkt.
Die Haxe ist ausgelöst und in klein geschnittenen Teilen in der Suppe verteilt. Eine für die Steiermark schon recht vornehme Form, die das Essen in Gesellschaft ohne größere Faux Pas erlaubt.
Und – wie gesagt in der Südsteiermark, bei Gamlitz - gibt es noch eine Form, von überkreativen Köchen auf den Teller gezaubert.
Klachlsuppe an Oktopus, im Dialog mit Juliennegemüse.
Der Ursteirer fragt: „was ist, bitt´schön, a Oktopus“?
Der deutsche Gast: „sagen Sie mal, was ist eine Klachelsuppe?
Der genießende, trotzdem aber denkende Gourmet – die Basics steirischen Essens beherrscht er - fragt sichganz grundsätzlich, was der Oktopus in der Klachlsuppe zu suchen hat.
Ich kann bestätigen, dass der Oktopus nach Klachlsuppe geschmeckt hat und nicht umgekehrt. Was aber, bei Paschalis Baylon, einem der Schutzgötter der Köche, hat der Oktopus in der Suppe zu suchen?
Wenn er nach Haxe schmeckt , was tut er da?
Wenn er nach Oktopus schmeckt, was tut er da?
Was tut er überhaupt im südsteirischen Weinland?
Er wächst nicht auf Bäumen und in den Reben schon gar nicht.
Andererseits, ich verstehe die Seele eines Kochs nur all zu gut. Ich selbst werde in regelmäßigen Schüben vom Drang der Selbstverwirklichung in der Küche überrollt, was meist von der besten Ehefrau seit Moses verkraftet oder von Gästen ertragen werden muss.
Aber, und das meine ich furchtbar ernst, Haubenkoch ist einer, der aus den Produkten seines Wirkungskreises und der jeweiligen Saison dem Gast ein anerkennendes Lächeln auf die Lippen zaubert.
Also Klachlsuppe entweder als Klachlsuppe, steirisch, oder eine zarte Variation, die sich aus dem Wein, der Landschaft und ihren Produkten ergeben kann.
Nicht aber Klachlsuppe an denaturiertem Meeresgetier, nur um der Originalität willen.
Lieber Haubenkoch des Lokals (Name und Adresse sind bekannt), die Zähmung der galoppierenden Kreativität macht den Meister.
Vielleicht.
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