Die OMZ wird also ihr Erscheinen einstellen. Der Grund sind gekürzte bis gestrichene Subventionen seitens des Bundesministeriums.
Die kulturelle Katastrophe in Österreich hat einen neuen Anstrich, meint auch Manfred Wagner in der ersten von vier letzten Ausgaben. Manfred Wagner ist ein Kenner der österreichischen Kulturlandschaft, seit Jahren im Redaktionsbeirat der OMZ und mit ihr auf das Engste verbunden. Wenn er von einer kulturellen Katastrophe für Österreich spricht, hat er sicher Recht.
Allerdings gestatte ich mir doch einige unziemliche Anmerkungen.
Die OMZ gibt es seit 1946.
Sie hat sich zu einer Postille der österreichischen Musikwissenschaft entwickelt und diese Funktion auch sehr gut ausgeführt.
Nur, so der ketzerische Gedanke, sie hat sich ebenso schwer einer sich verändernden Gesellschaft und damit einem veränderten Kultur- und Kunstbegriff angepasst, wie es den Österreichern grundsätzlich schwer fällt zu erkennen, dass Österreich nicht das einzig selig machende Musikland ist. Natürlich hat die OMZ zum Thema dritte Wiener Schule, Schönberg und Berg und zu vielen österreichischen Komponisten, wie etwa Cerha, Wesentliches beigetragen.
Nur hat sie auch ausreichend den Paradigmenwechsel der Begriffe Neue Musik, Postmoderne, Jazz, Pop, außereuropäische Musik im Zusammenhang mit dem fatalen Begriff des Musiklandes Österreich diskutiert?
Ich behaupte, viel zu wenig.
Ich behaupte weiters, dass sie immer in einem Dunstkreis wienerischer, hauptstädtischer Selbstgefälligkeit verharrte. Die Haltung zu den Festspielen in Österreich, die die OMZ bemerkenswert fand, ist schon im Satz Manfred Wagners sichtbar: "Die Wiener Festwochen, die Salzburger und Bregenzer Festspiele und alle anderen!" Eine Wiener Sicht.
Mehr oder weniger dürftige Berichte über viele Themen, die es auch außerhalb von Wien gab und gibt, können wohl kaum den Anspruch auf Pluralität und eine generelle Sicht für sich in Anspruch nehmen.
Die kulturelle Fragestellung einer Ars Electronica, die Pionierarbeit eines Projektes wie es die szenische Realisierung des Rheingolds im Brucknerfest in Zusammenarbeit mit dem Future Lab der Ars Electronica modellhaft darstellte, die Frage des Überangebots sommerlicher Festspiele in Österreich, mit Auswirkungen auf die Festspiellandschaft generell, um nur wenige Beispiele anzuführen, wurden bemerkt, aber so gut wie nie analysiert.
Was Wunder, wenn sich die Leserschaft mehr und mehr verabschiedete.
Trotzdem, es ist absolut richtig, dass ein sogenanntes Musikland nicht einfach den Verlust eines zentralen Mediums hinnehmen kann.
Aber sind wirklich nur das Bundesministerium, der Staat, die immer kleiner werdende Leserschar, der liebe Gott oder der Teufel Schuld?
Trägt nicht doch auch jene so typisch österreichische, konservative, teilweise nach rückwärts gerichtete Geisteshaltung, auch daran Schuld?
Wir beschäftigen uns generell viel lieber mit Dingen, die schon vergangen sind, als mit Dingen, die vielleicht sein könnten.
Die Musiklandschaft von heute ist in ihrer grundsätzlichen Geisteshaltung eben nicht mehr, wie 1946, restaurativ darauf ausgerichtet, das 1000-jährige Reich zu überwinden, sondern vehement damit beschäftigt, die Pluralität künstlerischer Erscheinungsformen wahrzunehmen und aufzubereiten.
Das hat die OMZ nur selten gemacht.
So besehen ist ein Generationswechsel sinnvoll und angebracht, eine Auflösung ins Nichts allerdings wirklich ein kulturelles Armutszeugnis - allerdings für Österreich.
Aber in manchen Bereichen sind wir Meister der Selbstdemontage.
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