Ich melde mich als Blogger wieder zurück.
Der letzte Eintrag in meinen Blog ist wirklich lange her. Andere Ereignisse hielten mich davon ab, über einen Blog nachzudenken, obwohl es genügend Stoff gegeben hatte und auch immer wieder gibt.
Glücklicherweise!
Für die Zukunft kündige ich eine gewisse Regelmäßigkeit an, da ich mich in einem Zustand der Freiheit des Nachdenkens mit mehr Zeit befinde – ich wechsle vom Vertragszustand mit dem Brucknerhaus und der LIVA in den Stand des Freelancers über.
So weit ganz kurz zu mir.
Ein Interview mit Clemens Hellsberg, das ich am 27.12.02 im ORF hörte, kann ich nicht unkommentiert stehen lassen.
Hellsberg, mit dem mich eine enge geschäftliche Beziehung verbindet, und den ich daher auch gut kenne, wurde gefragt, warum sich die Philharmoniker zieren über ihre nationalsozialistische Vergangenheit offen zu reden.
Die Frage an sich bezieht ihre journalistische Berechtigung ausschließlich aus der Tatsache des Neujahrskonzertes, wirklich aktuell ist sie nicht. Das Verhältnis der Philharmoniker zum Nationalsozialismus zu dieser Zeit unterscheidet sich in nichts von der Situation anderer Orchester im Einflussbereich Hitlers. Unter den Musikern wird es glühende Anhänger, Gleichgültige, aber um ihren Beruf besorgte, und auch Oppositionelle, gegeben haben.
Nach dem Krieg hat man dieses Problem auf gut österreichisch gelöst. Nicht darüber reden, zudecken, nicht bekleckern, wie in anderen Lebensbereichen auch - man ist ja schließlich Opfer.
Musik steht, so das Argument, über den Ideologien.
Nur so ist zu erklären, warum das letzte Philharmonische Konzert im 1000jährigen Reich unter Clemens Krauss noch vom völkischen Beobachter bejubelt wurde. Und auch das erste Konzert, von russischer Seite gefordert, leitete Clemens Krauss. Die Philis und Krauss repräsentierten gleichsam über Nacht ein völlig anderes Österreich.
Es liegt der Verdacht nahe, dass die Seele Österreichs so anders gar nicht war, aber mit Musik lässt sich vieles übertünchen.
So weit so schlecht oder nicht, es ist aber 2012 kein Anlass zu pseudo–investigativem Journalismus.
Warum aber Hellsberg nicht einfach sagt, ja so war es und ist es nicht mehr, die Archive sind offen für die Forschung, verstehe ich auch nicht. Des Eiertanzes erster Teil.
Vollends daneben gegangen ist dann die Antwort auf die Frage, warum es bei Philis nur 6% Frauen Anteil gibt.
Das hinge, so Hellsberg, vom Probespiel ab. Nur die Besten hätten eine Chance und die Philis wären blöde, wenn sie nicht die Besten für ihr Orchester suchten.
Warum die Gestalterin des Beitrags an dieser Stelle nicht aufgeschrien hat, ist wohl nur mit tiefer, nahezu kultischer Verehrung für die Herren zu erklären. Hellsberg sagte nichts anderes, als dass Frauen dazu nur im geringen Masse fähig wären.
Sollte da eine frauenfeindliche Haltung spürbar sein?
Frag ich mich woher die vielen Solistinnen von Weltrang kommen.
Bei den Wiener Philis kann es kein Probespiel geben, nur im Staasopernorchester. Und da gilt grundsätzlich der Gleichheitsgrundsatz. Komisch!
Frag ich mich auch, warum es Orchester von Rang gibt, die einen Frauenanteil von ca. 30 – 36 % haben, wie das Bruckner Orchester und die meisten amerikanischen Orchester, die auch Musik auf hohem Niveau spielen.
Das war des Eiertanzes zweiter und schlimmerer Teil.
Aber, wie schon Nestroy sagte, es ist alles Chimäre, aber mi unterhalt s!
In Wahrheit geht es um die Bewerbung des Neujahrskonzertes, das Österreich in der Welt präsentiert.
Es geht um eine unglaubliche, alljährliche Geldscheinsonate, die marketingmäßig begleitet wird – Nationalsozialismus hin und Frauen her.
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