beim nächsten Mal lerne ich schwimmen

19. Oktober 2019

Das Wahlergebnis sei ein Auftrag.

Fein erkannt.

Die SPÖ will sich inhaltlich und organisatorisch neu aufstellen.

Der Spruch kommt mir wie die letzten Worte eines Ertrinkenden vor: “Das nächste Mal lerne ich schwimmen.“

Neu aufstellen muss sich die Partei schon lange. Das schlechte Abschneiden bei einer der letzten Wahlen ist nicht wirklich neu. Wenn man jetzt spontan eine Aufbruchsstimmung verbreiten will – die SPÖ zu neuen Ufern, zu Ufern des Erfolges, Neuorientierung – wirkt es aufgesetzt, ablenkend von den tiefgreifenden Problemen der Sozialdemokratie in fast ganz Europa. Die zur Schau gestellte Energie nach vorne zu schauen, übertönt nur mühsam die Rat- und Orientierungslosigkeit.

Die alten und mittlerweile offensichtlich nicht greifenden Themen wie Soziales, Klimafragen, Gleichberechtigung von Frauen und Männern ziehen nicht – nicht, weil sie nicht diskussionswürdig wären –  sondern weil andere Parteien sie längst in ihr Programm absorbiert haben. Wähler, denen die Sozialdemokratie im ersten Drittel des vergangenen Jahrhunderts zu einem besseren Leben – Arbeitszeit nur z.B. – erkämpfte, sind mittlerweile in den nachfolgenden Generationen zu Kleinbürgern mit Flat Screen, Auto und Schrebergarten rund um die Welt geworden. Begriffe wie sozial, die Gesellschaft für alle, für die Armen und für all jene, die nicht am Kuchen der Wirtschaft mitnaschen können, sind schal geworden, vor allem aus der Sicht der Schrebergärtner.

Was geht das uns an, wir haben alles was wir brauchen!

Die Verschmutzung der Welt, das Klima, Sozialpartnerschaft, sind alles übertriebene Meldungen der Medien, die uns alle mit großem Erfolg, und das täglich, manipulieren.

In einer veränderten politischen Struktur der Gesellschaft in ganz Europa kann auch in Österreich die Partei für den Einzelnen nichts mehr richten. Nicht so wie ehedem, als das Parteibuch noch eine gewisse Rolle spielte, die Partei noch eine Heimat war.

Ja aber, wozu dann die Partei wählen?

Die alten Genossen, die, die sich noch an andere Zeiten erinnern können, ziehen sich zurück oder sterben langsam aus. Kleine und gleichzeitig kleinliche Strukturen in der Organisation machen dem Parteivorstand das Leben schwer und sind selten hilfreich. Das gemeinsame Ganze zu sehen ist ihnen nicht oder nur schwach gegeben. Stichwort: Schrebergarten.

Klischees beherrschen das Denken.

Eine Frau als Parteispitze, das geht eigentlich nicht. Hör ich da ein in die Seele mancher Männer eingemauertes, nahezu genetisch bedingtes  Machotum???

Es ist wie beim Fußball: Österreich hat mindestens 8 Millionen Fußballtrainer, die alles besser wissen als Franko Foda.

Die Burgenländer und die Kärntner sind in ihren Ländern einigermaßen erfolgreich. Für Wortmeldungen aus der zweiten Reihe reicht es allemal, zur Übernahme von Verantwortung dann wieder doch nicht. In Vorarlberg kümmert die SPÖ traditionell vor sich hin. In Tirol reicht es für einzelne, meist unpassende Wortmeldungen. Salzburg war ein sozialistischer Versuch, in OÖ beschränkt sich die SPÖ im Kern auf Linz, in NÖ kann man das Wort kaum schreiben. Bleibt Wien.

Gut, aber auch hier ändern sich die Strukturen.

Was also soll man ändern, welche Themen soll man voranstellen, und wie soll man ändern.

Frau Rendi-Wagner ist, wenn man sie überhaupt noch lässt, zu bedauern. Sie hat einen Haufen auf sich schauender Genossen, die scheinbar darauf warten, dass sie erfolglos bleibt.

Die ÖVP hatte die gleiche Struktur. Kurz hatte den richtigen Augenblick gefunden, seine Bedingungen zu diktieren und aus der Not der Partei, im Hinblick auf eine Zukunft, haben alle zugestimmt. Ich stehe nicht im Verdacht, sein Parteigänger zu sein, aber analytisch betrachtet hatte er, was seine Partei angeht, recht. Und noch einmal, das ist keine Sanktionierung seiner Politik meinerseits.

Vielleicht muss die SPÖ ihre immanente Todessehnsucht noch mehr auskosten bevor sie wirklich reagiert, neue Strukturen schafft und aus dem transusigen Wadelbeissen – jeder gegen jeden – herauskommt.

Bleibt zu hoffen, dass die Jugend der Partei – auch die gibt es, sagt man – es schafft, aus alten Denkschemata auszubrechen und mit neuem Selbstbewusstsein wirklich neue Argumente für die Frage findet, warum man SPÖ wählen soll.