Mandelbauer und der Attersee
24. Dezember 2016
Gerald Mandelbauer, Chefredakteur der OÖN, erzählte mir vor noch nicht langer Zeit, dass es im Bereich der Redaktion eine wesentliche Neuerung wäre, dass das jeweilige Titelblatt nicht ausschließlich, aber doch dominiernd, vom Facebook beeinflusst würde. Durchaus verständlich.
Wenn also in Zeiten des Attentats in Berlin plötzlich Franz Welser Möst (Attersee) unerwartet das Titelblatt ziert, ist Absicht zu unterstellen. Mandlbauer versucht Kulturpolitik zu machen. Michael Wruss, Kritiker der OÖN, mit großem Wissen um die Musik, war wie Möst auch Schüler am Musikgymnasium und ist ein Bewunderer des Maestros geblieben. Er küsst den Boden, auf dem Möst wandelt, und Äußerungen des Atterseers werden von Wruss wie Nektar aufgesogen und als Wahrheit wiedergegeben. Hinterfragen, ob auch wirklich alles so ist, wie Franz es von sich gibt, z.B „das Brucknerhaus ist eine Ruine“ als Beleidigung für das Haus, oder „die letzten 20 Jahre gab es kein Konzept für das Programm“, was leicht zu widerlegen wäre, usw, ist seine Stärke nicht. Er ist Kritiker und nicht Redakteur.
Das aber weiß natürlich Gerald Mandlbauer und nützt es. Er wirft damit einen Stein in das seiner Meinung nach zu ruhige Wasser des Kulturlebens in Linz, um vielleicht sagen zu können: „wie die OÖN bereits exklusiv berichteten!“
Die Person Franz Welser Möst ist kein Thema von Facebook, aber er ist allemal eine Diskussion in OÖ wert. Franz hat in vielen Punkten zweifellos recht, aber das steht gar nicht im Vordergrund, weil die Zusammenhänge ohnehin kaum jemand nachvollziehen kann. Es ist die Aufmerksamkeit, die seinem Bild auf der Titelseite entgegengebracht wird. Es ist die Automatik der Rezeption durch das Publikum, dass ein großer Dirigent ausserhalb der Partitur auch sonst alles weiß. Dass damit von Mandlbauer der Versuch gemacht wird, die „Ruine“ Brucknerhaus zu retten, glaubt auch nur er selbst. Es gibt konstruktivere Vorschläge als ein Interview mit Oberlehrer der Musikultur in OÖ.
Öffentliche Diskussion ja, aber sachlich und die Fakten einbeziehend, und nicht aus dem Bauch heraus oder einfach aus der Lust, ein bisschen Meinung abzusondern.
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