Dennis Russell Davies – das war „Glass“

23. April 2017

Eine erfolgreiche Ära geht im Juni zu Ende – zumindest was die Position des Chefs des BOL und der Oper anlangt. DRD, wie Dennis Russell Davies auch gerne genannt wird, geht in Pension – was natürlich ein Widerspruch in sich ist.

DRD und Pension sind zwei Begriffe, die einander ausschließen.  Aber zumindest für den Chef des Orchesters und der Oper stimmt es.  Es waren 13 Jahre der engen Zusammenarbeit zwischen Brucknerhaus und Bruckner Orchester, zwischen Dennis und mir.

„Des wird Glass …“ (Umdeutung von klass zu Glass, umgangssprachlich klass für ausgezeichnet) sagte ein Wiener Musiker mit Schmunzeln zu mir anno 2000. Davies war in Linz gerade als Opern- und Orchesterchef designiert worden.

„Ihr bekommt ja jetzt den Dennis!“

Mit diesem Ausspruch brachte dieser Musiker ein thematisches Anliegen von DRD auf den Punkt.

Das Publikum des Brucknerhauses sollte in den nächsten Jahren „in Glass ausgebildet“ werden.

Glass´sche Musik spaltet. Die Hälfte der Besucher war mehr oder weniger distanziert zu Philip Glass, die andere Hälfte jubelte. Beide zusammen ergaben immer ein volles Haus.

Bei einem Besuch in NY im Haus von Philip Glass erhaschte ich einen Blick auf seinen Aufführungskalender und war sehr erstaunt, einfach weil es mir nicht bewusst war – Philip war einer der meistaufgeführten Komponisten der Welt.

Ein bisschen dieser Internationalität des Komponisten färbte im Laufe der Jahre auf das Orchester. Ein positiver Effekt, bedeutete dieser Schwerpunkt doch steigende Öffentlichkeit, Konzertreisen, CD Einspielungen und vor allem Anerkennung durch das heimische Publikum – und das nicht nur mit den Symphonien Bruckners.

Ein entscheidender Umstand für ein internationales Image des Bruckner Orchesters. Einseitigkeit hätte ein Verbleiben in der Provinzialität bedeutet.

Aber es greift zu kurz, wollte man DRD auf Philip Glass reduzieren.

DRD ist ein amerikanischer Europäer oder umgekehrt ein europäischer Amerikaner und als Musiker, Dirigent und Pianist eine herausragende Persönlichkeit. Alles zusammen deutet auf einen Musiker mit einer sehr offenen Weltsicht in Sachen Musik hin.

Ungefähr 2001 war ich bei DRD in Stuttgart – er leitete das Stuttgarter Kammerorchester – und brachte ihm drei Partituren oö Komponisten mit: Sulzer, Kropfreiter und Dallinger. „Das gehört auch zu den Aufgaben eines Chefs des Bruckner Orchesters, neben den Symphonien Anton Bruckners natürlich.“. meinte ich. Die Antwort war kurz und trocken: „Selbstverständlich!“

Für den Dirigenten und Pianisten ist Musik ein Anliegen, ob sie aus der unmittelbaren Umgebung oder aus der Internationalität kommt, ob sie neuer oder älter ist. Dementsprechend war und ist die Diskussion über Programme im Brucknerhaus zwischen ihm und mir thematisch sehr offen und wir beide waren immer auf der Suche nach Möglichkeiten, aus der herkömmlichen Repertoireroutine auszuweichen, nicht immer zur reinen Freude des Publikums.

Das für das Publikum Überraschende ist manchmal aufregend oder anstrengend, aber es bewahrt vor dem Abonnementschlaf.

Über DRD zu reden ohne Maki zu erwähnen ist, als wollte man eine Hälfte seiner Persönlichkeit verschweigen. Maki, Japanerin, Pianistin, Dennis´ Partnerin, nicht nur als Ehefrau, sondern wichtig in allen Fragen der Musik.

Das gemeinsame Musizieren mir ihr ist das Geheimnis seiner Kraft schlechthin.

Diese Kraft, die Offenheit, die Selbstverständlichkeit des Gespräches, die Musikalität, machten die Zusammenarbeit nicht nur für mich persönlich zu einer ganz wichtigen Arbeitsphase, sondern auch und ganz entscheidend für die weitere Entwicklung des Bruckner Orchesters.

 

 

 

 

 

 

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