Heinrich Schiff

24. Dezember 2016

1972 debutierte der junge Cellist Heinrich Schiff in Graz beim musikprotokoll im steirischen herbst. Eine große Karriere nahm ihren Anfang. Bald war Heinrich Schiff in den großen Konzertsälen der Welt zu Gast. LPs und später CDs zeichneten diesen Weg in die erste Liga der Violoncello-Solisten nach. Er, der Oberösterreicher, war natürlich auch im Brucknerhaus Stammgast und später auf Wunsch von Dennis Russell Davies und mir 1. Gastdirigent des Bruckner Orchesters.

Aber das ist das Äußere eines Lebens.

Sein Tod, viel zu früh, bewirkt Trauer und gleichzeitig Nachdenklichkeit. Heinrich war nicht nur Musiker, er war ein Freund, mit dem ich gerade noch gesprochen hatte. Nicht viel, aber doch. Ich habe seine Karriere miterlebt, habe ihn für das Brucknerhaus engagiert, habe mit ihm über Programme gestritten und habe hautnah miterlebt, wie das Orchester ihn zuerst abgelehnt hatte, um ihn dann zu akzeptieren. Ich habe das Glühen für Musik bei ihm gespürt. Musik war das Thema, aber auch anderes. Er konnte selbstbewußt arrogant sein.

Salzburger Festpiele. Kammerkonzert mit Schiff, ich machte die Rundfunkaufnahme. PLötzlich, mitten im Spiel, hörte er auf und sagt zu einem Japaner in der ersten Reihe: „wie hätten sie mich gerne fotografiert? So, von dieser Seite oder anders?“ Heinrich rückte sich zurecht und spielte dann weiter. Der Japaner wird hoffentlich nie mehr im Konzertsaal fotografieren. Sicher bin aber nicht. Oder, er rief mich, wenn er ein Konzert im Brucknerhaus vorbereitete, immer an und bat um einen Parkplatz im Brucknerhaus für seinen zitronengelben Audi. Ich sagte ihm, dass ein Auto mit so ätzender Farbe das Bild des Hauses stören würde, er aber stand schon vor der Tür und meinte nur, ich würde nichts von Design verstehen. Ich nahm seinen Schlüssel und führte das Auto in die Garage. Er, Heinrich hätte, bei der Enge wahrscheinlich etwas ruiniert.

Ein rituelles Geplänkel. Auch als er eines Tages mit dem Zug nach Wien fuhr und in wahrlich letzter Minute drei oder vier Stents bekam, die sein Lben retteten. Er rief mich nach drei Tagen an und sagte mit von der Narkose krächzender Stimme, dass ich sein schönes Auto nicht erben würde, er käme wieder – eine hocherfreuliche Nachricht.

Ich habe aber auch miterleben müssen, wie er immer weniger musizieren konnte, ein Schulterleiden hinderte ihn letztlich endgültig. Ich organisierte ein Konzert zu seinem 60. Geburtstag. Er sagte mir bis kurz vor Beginn das Programm nicht und bestand darauf, dass ich moderieren sollte. Es war der Abgesang eines Musikers, zwar mit Lächeln auf der Bühne aber mit Trauer im Inneren. Er verkaufte schließlcih sein Cello, das Mara, und damit starb ein ganz wesentlicher Teil seiner Persönlichkeit. Die Dirigate nahmen ab und verschiedene Krankheiten zu. Ein paar Schüler blieben ihm noch. Aber das, was den selbstbewußten, streitsüchtigen, anstrengenden, außergewöhnlichen Musiker ausmachte, war gebrochen. Drei Tage vor seinem Tode konnte ich ihn noch telefonisch erreichen. Aber er hatte sich, glaube ich, schon selbst aufgegeben. Wir trauern um einen Freund.

1 Kommentar

  1. Kommentar von Nathan Goldstein

    Nathan Goldstein 17. Januar 2017 als 7:00

    Die Nachrufe auf H.Schiff waren weltweit ergreifend : NZZ, FAZ, Sd.deutsche, London Times,
    N.York, BostonGlobe, Tokio, …… ,,Gott d. cellos abgetreten“ , ,,Ambassador del Cello“
    Auch Wien( ,,Presse“ , ,,Kurier“ ,….: grosse ganzseitige Nachrufe !
    OOesterreich : eher lieblos, kleinformatige ,fehlerhafte 2 Spalter – hallo !!??
    – // – : gesamt 2 ausübende Musiker , die an die absolute Weltspitze kamen :
    Moest + Schiff

    H.S. war 1.Gastdirigent des BrucknerOrchesters : gemeinsame Konzerte : seit vielen Jahren
    Fehlanzeige ! Das hat H.S. Tief gekränkt !
    Er war OOesterreicher mit Leib & Seele , geb. bei Gmunden , bis zuletzt Refugium am Attersee

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