PH’s unfrisierte Gedanken: Scheinheiligkeit

26. Oktober 2007

Irgendwie werde ich ein flaues Gefühl beim Gedanken an die heutige Seligsprechung Franz Jägerstätters nicht los. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass mit dieser Aktion eine Art Werbung für die Kirche betrieben werden soll oder andere, im Moment opportune Dinge, sollen betont werden. Weil es gerade so passt.
Warum gerade er ? Es gab viele Fälle persönlicher Entscheidungen, die über Leben und Tod entschieden. Es gab damals viele Menschen, die sich gegen das Regime stellten und diese Haltung mit dem Leben bezahlten. Nur davon spricht niemand oder kaum wer. Diese stillen Helden der damaligen Gesellschaft werden nur im Bedarfsfalle wieder ans Licht gezerrt. Nur, wenn man der Geschichte eine andere Ideologie geben will.
Warum also gerade er  ?
Ich maße mir keinerlei Be-  und schon gar Verurteilung der Haltung Franz Jägerstätters an. Ich habe damals nicht gelebt, habe den Druck nicht verspürt und kann die Umstände nicht beurteilen. Ich kann der Haltung weder zustimmen noch sie ablehnen.
Aber ich habe ein flaues Gefühl, wenn ich daran denke, dass es die Kirche war, die Franz Jägerstätter zuredete seine Pflicht beim Militär zu tun, sie also regimeadäquat dachte und weniger an die eigenen Gesetze, die sie ansonsten propagierte. Dass sein Fall lange Zeit nicht in dieser Weise diskutiert wurde, sondern eher er als Einzelgänger und Spinner von der Öffentlichkeit abgetan wurde. Und plötzlich wird er aus der Geschichte hervorgezogen und selig gesprochen. Abgesehen davon, dass es ihm persönlich wenig geben wird, scheint es auch für seine Familie ein zweifelhafter Trost zu sein.
Wie gesagt, es ist die Instrumentalisierung durch ein System, die den flauen Magen bewirkt, nicht die Entscheidung Jägerstätters an sich. Es hat den Anschein als wolle man die Haltung eines Einzelnen „ad majoram dei gloriam“ für eine Institution ausnützen, die zur Zeit reichlich „Marketingbedarf“ hat.

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