Die Kultur ist weiblich
24. Oktober 2007
Grammatikalisch gesehen ist das zweifelsohne eine Binsenwahrheit. Inhaltlich allerdings eine Realität, meint Joachim Riedl in der Ausgabe der Zeit vom 11. Oktober d.J. Zwar sind die Managementpositionen österreichischer Kulturhäuser schandbarerweise nach wie vor nahezu ausschließlich in männlicher Hand, denkt man zum Beispiel an die Staatsoper, die Albertina, die Salzburger Festspiele und natürlich auch an das Brucknerhaus. Ausnahmen wie Agnes Husslein im Belvedere oder Stella Rollig im Lentos in Linz bestätigen förmlich die Regel. Die Feststellung dieser Tatsache ist aber auch eine Platitüde in der ewigen Frage der Gleichberechtigung in der Funktion, denn die Anzahl sagt nichts über die Qualität aus und sagt vor allem darüber nichts aus, inwieweit Frauen, auch wenn sie nicht an der Spitze stehen, trotzdem wesentlichen Einfluss haben.
Ganz anders ist das aber offensichtlich bei den Konsumenten von Kunst und Kultur in Österreich. Hier spielen Männer eine mehr oder minder quotengeregelte Rolle, die Kultur ist offensichtlich weiblich oder gar nicht. Die geschlechtsspezifische Verteilung bei den Besuchern im Durchschnitt aller Häuser spricht eine deutliche Sprache. Der Mehrheit des männlichen Publikums ist Kunst und Kultur eher ein Ornament seiner beruflichen Funktion oder auch, spitz ausgedrückt, ein Mittel, Frauen zu beschäftigen. Ein fataler Denkfehler. Auffällig ist auch, dass das, was bislang als bürgerliche Hochkultur geschätzt und wahrgenommen wurde, von der jungen Generation vermehrt zugunsten einer kulturellen Flexibilität, will heissen Abwechslung im Konsum von Kultur deutlich zurückgeht. Wenn man also in Österreich über Auslastungszahlen, Programmideologien und anderes spricht und heftig diskutiert, sollte man vielleicht gesellschaftliche Bewegungen beobachten, ernst nehmen und in den Angeboten umsetzen. Ansonsten könnte es leicht passieren, dass der bekannte Satz mehr an Gültigkeit gewinnt: „Stell dir vor, es ist Kultur und keiner geht hin!“ Damit ist die jüngere Generation gemeint, die wohl auch die Generation ist, die die Zukunft darstellt.
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