Aufreger: das RSO wien
3. März 2023
Das RSO Wien soll, so der Sturm der Entrüstung, speziell in Wien, nach Sparplänen des ORF, auf Geheiß der Regierung geopfert werden.
(Warum speziell in Wien? Die meisten Ö1 Hörer sind in Wien beheimatet und erreichen eine Quote von ca 12%. In den Bundeslandern ist die die Quote bei ca 3-4 %. Bösartig formuliert: je weiter von Wien weg, desto “wurschter“ ist diese Frage.)
Zwischenbemerkung: ob es wirklich zur Loslösung vom ORF kommt, ist noch nicht entschieden.
Aber auch wenn es nicht dazu kommt, das Problem bleibt. Davon später.
Eine Minimierung jeglichen kulturellen Angebotes ist immer schlimm, und löst reflexartig Sätz wie „das Ende der Kultur“ aller aus.
Man nimmt etwas weg, das scheinbar allen gehört, wenn auch nicht alle es wirklich wollen und einen Zugang dazu haben.
Aber auf die Gefahr hin zum bösen Buben zu werden, es ist nicht das Ende der Kultur.
Es geht nicht um die Qualität des Orchesters und seiner Musiker und Musikerinnen, die ist völlig ausser Streit gestellt.
Es geht schon gar nicht darum die gloriose Vergangenheit des Orchesters auf seinen Reisen und in seinen Konzerten für die Sache des Neuen zu beweinen.
Außer Streit gestellt.
1969 wurde das ORF Orchester gebildet, mit dem Auftrag sich in erster Linie um die Neue Musik zu kümmern.
Das hat es beispielhaft getan.
Aber schon 1979 begann dieser Auftrag zu bröseln.
Es war kein Problem des Orchesters, es war zunehmend ein gesellschaftliches Problem.
Der Unterschied zwischen sogenannter Klassik und Neuer Musik wurde in der Gesellschaft immer weniger angenommen. Denken Sie an heute. Die Gabaliers dominieren, dass eine der ganz Großen dieser Neuen Musik, Friedrich Cerha, gestorben ist, ist eine Meldung am Rande.
Neues hatte es in der Geschichte immer schwer, aber jetzt, in den Achtzigern, teilte sich die Gesellschaft in eine mehrheitliche „Wohlfühl- Klassik“ und in einen wesentlich kleineren Teil der Neugierigen auf.
Das Programm musste aber auf seine Zuhörer achten, alles andere wurde in kleine Reservate gedrängt.
In der IGNM haben wir das oft genug thematisiert und als auch für Ö1 zuständiger war es mein tägliches Brot
Dieser Umstand brachte auch die Programmierung des Orchesters in größere Schwierigkeiten. Alle verantwortlichen Leiter von Andreas Seebohm, über alle Chefdirigenten, wie Dennis Russell Davis, versuchten diese Gratwanderung mehr oder minder erfolgreich zu gehen.
Auf der einen Seite musste man dafür sorgen, dass Publikum zu den Konzerten kam und das geht nun mal in erster Linie mit klassischen Programmen, Filmmusik und Unterhaltungsmsuik wie Leroy Anderson beispilesweise.
Auf der anderen Seite musste man sich auftragsgemäß um neue Musik zu kümmern.
Die Programmleiter von ORF I wandten sich sich gegen Neue Musik in den Tagesprogrmmen und verbannten sie in die Nacht.
Bekanntes bei Tag und die Spinner in der Nacht.
Ich habe selbst mit Wolfgang Danzmayer lange Nächte der neuen Musik moderiert, jeweils von 23 – 5 Uhr morgens. Dort konnten wir Narren uns austoben und machen was wir wollten. denn der Zuhörer war meistens im Tiefschlaf und die Wenigen, die uns doch noch angerufen hatten , wohl doch Menschen mit Schlafstörungen.
Aus dieser Gratwanderung zwischen zwei Richtungen entstand schon bei Gerhard Zeiler, in seiner Zeit als Generalintendant, die Frage: für die Klassik haben wir die Wiener Symphoniker und die Philharmoniker und die niederösterreichischen Tonkünstler. wozu also das RSO wenn es, für das Neuen da zu sein, immer weniger nachkommen kann.
Zwischenbemerkung: Elke Tschaikner und Christian Scheib beweisen seit Jahren dass es sehr wohl möglich ist die verschiedenen ideologischen Musikrichtungen zu einem spannenden Ganzen zu verbinden. Aber das hören wahrscheinlich nicht viele.
GD Roland Weißmann hat das Problem nicht erfunden, er muss es nur auslöffeln.
Wobei die Frage – noch einmal – nicht geklärt ist, ob es auch wirklich dazu kommen wird.
Jegliche Empörung – die Staatssekretärin für Kultur muss, Frau Blimlinger muss immer – alle anderen sind klischeehafte Spontanäußerungen, die zu jedem Kulturthema zu jeder Zeit in Österreich passen würden.
Insgesamt kommen mir diese Wortmeldungen wie die pflichtschuldigst geäußerten Kondolenzen bei Begräbnissen vor.
Nur der Leiter des Theater an der Wien, Stefan Herheim, sagt ganz trocken, dass er ein finanzielles Problem haben würde, stünde RSO nicht mehr gemeinsam ist den Symphonikern als Opernorchester zur Verfügung.
Von Geld ist hier die Rede und nicht von Kultur.
Ich lese aber nirgends, wie es im Fall der Fälle mit den Musikern weitergehen könnte.
Sie sind Profis, die man nicht einfach auflösen kann.
Wie könnte eine alternative Konstruktion für diesen Klangkörper aussehen?
Statt über den vermeintlichen Kulturverlust zu sudern, wäre ein konstruktive Diskussion ganz dienlich
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